zu den dargestellten Äußerungen im Rahmen der Stadtratssitzung am 30.9.2014, abgedruckt in der Rheinpfalz/ Pfälzer Tageblatt vom 01.10.14
„Über 2000 Bürger haben sich dem Antrag des Festungsbauvereinsvorstands inzwischen angeschlossen“ meldete der Festungsbauverein der Presse vergangene Woche den Zwischenstand der eingegangenen Stimmen der bislang passiv betriebenen Unterschriftensammlung. Passiv war die Sammlung von Seiten des FBV aus, weil diese über 2000 Unterschriften an nur drei Standtagen auf dem Wochenmarkt von den Bürgerinnen und Bürgern abgegeben wurden. Eine aktive Sammlung von Haustür zu Haustür war bislang auch nicht geplant. Weitere Unterschriften gehen noch täglich ein, die Aussagen im Stadtrat befeuern die Abgabe wohl noch.
Die unsachliche „Relativierung“[1] dieser Stimmen, wie sie am 30.9.2014 im Stadtrat vorgenommen wurde, zeigt auf, dass es seitens der gewählten Politiker einige eklatante Missverständnisse gibt: Hier werden die Stimmen einer Petition aus der Bürgerschaft mit den Stimmen der Wahl wie Äpfel mit Birnen verglichen.
Wohlan, der Festungsbauverein (Verein! und nicht Festungsbaupartei FBP) möchte auch nicht zurückstehen und zeigt deshalb nun selbst einige weitere Relationen (nicht Relativierungen) auf[2]:
Relation 1: 2007 erhielt OB Schlimmer 8.797 Stimmen, bei damals 34.210 wahlberechtigten Landauer Bürgern: Er wurde also gerade einmal von 25,7% der wahlberechtigten Landauer Bürger gewählt. (Wählen gingen damals übrigens nur 14.626 Bürger, also gerade einmal 45,75%.)
2000 von 14.700 Stimmen politisch aktiver und am Leben der Stadt teilnehmender Bürger, das soll nichts sein?
Relation 2: Bei den Kommunalwahlen 2014 erhielten die Listenersten Maximilian Ingenthron 8.793 Stimmen, Peter Lerch 7.900 Stimmen, Susanne Follenius-Büssow 8.808 Stimmen, Rudi Klemm 5.185 Stimmen, Elke Wissing 2.625 Stimmen, Gertraud Migl 3.068 Stimmen, Gerhard Mosebach 2.876 Stimmen, Kim Orth 2.175 Stimmen. (Wahlberechtigte: 35.820,Wahlbeteiligung nur 53,1%).
Bereinigte man diese Zahlen um die Mehrfachstimmen und Listenwahlstimmen für Parteien (Kumulieren und Panaschieren), würde wohl deutlich, dass wohl kaum ein Politiker so viele Personenstimmen auf sich vereinigen konnte, wie Bürger in diesem Monat bereits für den Erhalt der Festung unterschrieben haben. Das historische Erbe Landaus hat also rechnerisch bereits eine größere Wählerbasis als die meisten Politiker in der Stadt Landau.
FAKT: Mit 2000 Einzelstimmen hätte die Petition zur Festung bereits 5,58% der Wahlberechtigten oder auch 22,7% der Wählerschaft des OBs hinter sich.
„Erfolgreicher und günstiger als der Parteienwahlkampf war der „Wahlkampf“ der Festung in jedem Fall.“ so Frank Krämer, 2.Vorsitzender des FBV.
„Will man diese Zahl von Unterzeichnern jetzt relativieren, ignoriert man mal eben ganz undemokratisch die Stimmen von all diesen engagierten Bürgern. Wir haben uns bewusst gegen eine aggressivere und sicher noch erfolgreichere Form der Sammlung, etwa auf der Kerwe, entschieden, weil wir sicher waren, diese große Zahl an Mitzeichnern reiche aus um dem Stadtrat das öffentliche Bewusstsein vor Augen zu führen. Sicher haben wir nicht so entschieden, um diese Stimmen jetzt kleingeredet zu sehen!“ so Frank Krämer.
Unsachlich ist auch die Darstellung, der Festungsbauverein und seine Anliegen seien Interessen wie die anderer (Sport-)Vereine auch: Der Vorstand fordert kein Geld für einen neuen Kunstrasenplatz „unseres 1.FBV Landau“, sondern den Erhalt des historischen Erbes der Stadt und ist bereit seinen Beitrag zu leisten. Das ist schlicht nicht zu vergleichen: Sportvereine handeln – vollkommen zurecht – aus dem Interesse und dem Betreiben ihres Hobbys heraus, Bürgervereine wie der FBV, der Verein Kulturzentrum Altstadt und viele andere engagieren sich ehrenamtlich und uneigennützig für die Stadt.
Entsetzt zeigt sich der Vorstand des Vereins über die sachliche und fachliche Unkenntnis, die mit den Äußerungen mancher Politiker zum Ausdruck kommt. So werden in der ersten Debatte bereits feste Positionen verkündet und von OB Schlimmer, Herrn Ingenthron und Herrn Freiermuth Schreckgespenster beschworen, bevor der Antrag des FBV überhaupt eine Prüfung erfahren hat:
Weder soll mit der Unterschutzstellung und den anderen Forderungen die Uhr zurückgedreht werden und die Entfestigung rückgängig gemacht werden, noch sind hohe Kosten für die Stadt zu erwarten. Warum wird jetzt beschworen, dass wegen einer Unterschutzstellung Gelder für Sporthallen fehlen würden?
Warum informiert sich die Stadtpolitik nicht andernorts oder lädt Vertreter anderer Städte ein, die darüber informieren, welche positiven und negativen Auswirkungen die Unterschutzstellung etwa in Koblenz, Mainz und Germersheim hat und hatte.
Wie nutzen andere Städte wie Mainz und Trier die Instrumente Grabungsschutzgebiete und Bodendenkmale? Welche Erfahrungen haben diese Städte damit? Nach Landau sind dort abgeschreckte Investoren jedenfalls bisher nicht gekommen. Am Ende gab es gar keine Abschreckung?
Landau ist nicht die erste rheinland-pfälzische Kommune, sondern eher die Letzte, die sich damit auseinandersetzt. Ein Blick über den Tellerrand wäre also angebracht.
Sicher ist es auch an der Zeit, dem Verein Gelegenheit zu geben, seinen Antrag im Stadtrat vorzustellen, ähnlich, wie es dem Investor beim Werk 38 möglich war, sein Projekt darzustellen.
Die gesetzliche Festsetzung der Schutzwürdigkeit soll Bauherren Klarheit und damit Planungssicherheit verschaffen. Der Stadt soll ermöglicht werden, vorrausschauend und nachhaltig die städtebauliche Entwicklung zu betreiben, ganz nach dem Beispiel der Entfestigung und der gründerzeitlichen Stadterweiterung.
Agieren statt Reagieren: Der Verein sieht als Teil eines Festungskonzepts auch ein kontinuierliches Unterhaltskonzept für die bestehenden Festungsbauten. So können auflaufende und den Haushalt über Gebühr belastende Kosten vermieden werden! Aus eben diesem Grund führt der Verein die Arbeiten an der Lunette 41 in Eigenregie und ohne städtische oder sonstige öffentliche Förderung aus Eigenmitteln durch: Der städtische Haushalt sollte dafür keine Mehrkosten tragen müssen und die Stadt trotzdem eine touristische Attraktion mehr erhalten.
Der Verein wird in den kommenden Gesprächen mit der Stadtverwaltung Fakten und Zahlen hören wollen und ggf. selbst liefern, um all diese Fragen zu beantworten. Er fordert die gewählten Politiker auf, sich zu informieren, eine sachliche Diskussion zu führen und danach zu entscheiden.
Gez. Frank Krämer,
2.Vorsitzender des Festungsbauvereins
[1] Artikel im Pfälzer Tageblatt vom 1.10.2014
[2] Basis sind die auf der Netzpräsenz www.landau.de zur Verfügung stehenden Wahldaten der OB-Wahl 2007 und der Kommunalwahl 2014
Treffender kann man das Verhalten der Stadtväter nicht kommentieren.
Herzlichen Glückwunsch, und weiterhin viel Erfolg!